„Leben heißt, tief einsam sein“, schrieb der

26-Jährige in einem Gedicht. Friedrich Hebbel, aus ärmlichen Verhältnissen und Autodidakt, war nicht nur als Person eigenwillig, unabhängig vom Establishment und radikal in seinem Denken wie in seiner Kunst – er machte die Einsamkeit des modernen Ich, die natürliche Tendenz der Individuen zur Selbstbehauptung und die Tragik ihrer Einseitigkeit zu seinem großen Thema.

         Die Biographie – die erste seit hundert Jahren – stellt den Dichter und Intellektuellen erstmals im gesamten Spektrum seiner künstlerischen, sozialen und politischen Interessen vor. Sie folgt ihm auf den äußeren und inneren Stationen seines Lebens, von der holsteinischen Provinz über Hamburg, Heidelberg, München, Kopenhagen, Paris, Rom, Neapel bis nach Wien, Berlin, Weimar, London. Und sie zeigt die Dynamik seines Werks in der Auseinandersetzung mit der Kultur- und Zeitgeschichte  des 19. Jahrhunderts, vom Weltschmerz und der Jugendrevolte der 1830er Jahre über den Vormärz und die Revolution 1848/49 bis in die schwierigen Aufbruchsjahre Deutschlands und Europas. Hebbels Brisanz erschließt sich vor dem Hintergrund einer Epoche, in der unsere Gegenwart beginnt. 

 

Friedrich Hebbel (1813-1863) ist der Exzentriker unter den Autoren des 19. Jahrhunderts.

Seine berühmten Tagebücher sind bestechende Analysen des Lebens. Seine Erzählungen irritieren durch abgründige Studien des Menschlichen. Seine vielfach vertonten Gedichte nannte Hofmannsthal geheimnisvolle Chiffren des Seins.

Hebbels untrüglicher Blick für die Widersprüche unseres Daseins macht ihn zum Tragiker der Moderne. Mit seinen Dramen – der rebellischen Judith, dem bürgerlichen Trauerspiel Maria Magdalena, der politischen Tragödie Herodes und Mariamne, der provozierenden Agnes Bernauer und den späten Nibelungen, die mit dem Untergang der Zivilisation enden – fordert er das Theater bis heute heraus.

 

Monika Ritzer, Professorin für neueste deutsche Literaturgeschichte an der Universität Leipzig. Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Erlangen, Südafrika und den USA. Dissertation zur klassischen Moderne, Habilitation zum Realismus des 19. Jahrhunderts. Zahlreiche Publikationen zur Literatur- und Kulturgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Mitherausgeberin von KulturPoetik. 1999–2014 Präsidentin der Hebbel-Gesellschaft und Herausgeberin des Hebbel-Jahrbuchs. Veröffentlichungen zu Hebbel u.a.:

Friedrich Hebbel: Meisterzählungen (2013), Friedrich Hebbel: Tagebücher. Hist.-krit. Neuedition. 2 Bde. (2017).